Inhalt: Kalabrien 1985. Der sensationelle Fund einer der ältesten Synagogen Italiens erregt die kalabresische Öffentlichkeit.

Der Protagonist Antonio gräbt indes mit seinem Pariser Freund David auf dem Territorium seiner Karmeliter Kirche eine interessante Kultstätte aus. Sie geraten in die intriganten Machenschaften der Sekte OPUS DEI und des Denkmalschutzes.

Kalabrien sei vor allem durch die griechische Kolonisation geprägt, keineswegs durch Semiten, lautet ihr Verdikt.

Wird die Freundschaft Antonios zu David dem Druck der Widersacher standhalten?

Die berühmte Wallfahrt Anfang September nach Polsi, Kloster im Aspromonte, wird in diesem Jahr durch gefährliche Intrigen und Machtkämpfe erschüttert. Die Fäden der Handlung laufen hier zusammen. Am Ende steht ein Drama, das die Öffentlichkeit erschüttert.

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BELLA CALABRIA : Mord Inklusive

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  • ISBN : B0BR6YDQDW
  • Publisher : independent (31 Dec. 2022)
  • Print length : 218 pages

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  • ISBN: 978-8371477064
  • Publication date: 27.12.2022

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  • ISBN: 979-8372782334
  • Publisher: independently published

Impressionen

Der Hafen von Scilla, immer ein Treffpunkt für einen Schwatz (dahinter das Fischerviertel Chianalea)

Scilla Chianalea Januar 2022

Leseprobe

Prolog
Ein Priester im Talar, zierlich, Ende dreißig, kurzer Haarschnitt, blasses, faltenloses Gesicht mit schmalem Mund, eilt die Häuserfront der Chiesa Santa Maria Della Pace in Rom entlang, öffnet die schwere Eingangstür, betritt den Flur, steigt die Treppe zur Krypta hinab und wirft sich ausgestreckt vor dem Grab Escrivas, Begründer des Opus Dei, nieder. Nach seiner Meditation wird er im Arkadengang des Innenhofs vom Regionalvikar in Empfang genommen:

»Gut, Hernando, dann haben wir alles besprochen. Dass wir dich für diese Mission aussuchten, darfst du als Ehre ansehen. Du giltst als einer der Diszipliniertesten. Wir setzen große Hoffnungen in dich. – Gehen wir noch einmal alles durch.«

»Ich reise morgen nach Kalabrien und nehme ein Zimmer bei den Karmelitern.«

»Weiter?«

»Ich beobachte sie und erstatte Bericht. Dann nehme ich mir das Kloster vor. Es wird unser heiliger Ort werden, das verspreche ich bei der heiligen Mutter Maria und unserem Vater.«

Der Vikar seufzt tief auf und hält die Hände gefaltet vor seine Brust.

»In diesen schwierigen Zeiten brauchen wir solche Orte. Nicht nur, um Gott nahe zu sein. Wir müssen unsere Finanzen schützen. Nur so können wir uns unserer Aufgabe widmen. Ich sage nur Südamerika. Es gab auch viel zu viel Öffentlichkeit in letzter Zeit. Vielleicht können wir in Kalabrien eine neue Gemeinde gründen. Reggio Calabria ist von der ’Ndrangheta gebeutelt. Das treibt die verängstigten Schafe in unsere Mitte. Wenn es Probleme gibt, sag mir Bescheid. Du kannst dich immer im Ordinariat der Kathedrale in Reggio melden. In der erzbischöflichen Diözese gibt es Möglichkeiten, ungestört zu telefonieren. – Offiziell bist du nicht in Kalabrien. Ich habe von deiner Reise keine Kenntnis.«

Der Priester verbeugt sich und küsst die Hand des Vikars.

»Ich habe verstanden.«

Kapitel 1 ff

Die Prozession zu Ehren der Heiligen Maria vom Berg Karmel in diesem Jahr, 1985, rückte näher. Antonio, Prior der Bruderschaft des Karmeliterordens, parkte den Fiat auf dem Platz vor der Barockkirche und steuerte auf das Hauptportal zu. Schweiß lief ihm über die Stirn. Sein nasses Hemd klebte auf dem Rücken. Das gleißende Licht der Julisonne, reflektiert durch die weißen Marmorplatten des Vorplatzes, brannte in den Augen. Eine Meeresbrise streichelte sein Gesicht. Er drückte die Hand gegen das schwere Eingangsportal, das sich knarrend öffnete, und betrat das Mittelschiff der Kirche. Einen Moment genoss er die frische Luft, warf einen Blick auf den mit weißen Lilien reich geschmückten Altar.

Aus der Sakristei drangen aufgeregte Stimmen. Neun Frauen, zur Verschwiegenheit verpflichtet, war der Zutritt zu dem gehüteten Geheimnis vergönnt: Die Madonna, dreihundertvierundfünfzig Tage umhüllt von einer Mönchskutte aus schwerem Baumwollstoff, wurde elf Sommertage lang zum Leben erweckt: Auf dem Podest stehend, von emsigen Händen menschengleich gestaltet, wandelte sie sich zum glänzenden Mittelpunkt der mehrtägigen Festlichkeiten ihres ehrfürchtigen Publikums.

Die Attribute – in den Schatzkammern der Bruderschaft gehütet – bestanden aus einem goldenen Gürtel, passend zum Kleid aus kostbarem Stoff, einem goldbestickten Umhang, wallenden braunen Lockenhaaren, einer juwelenbesetzten Krone und dem Stoffskapulier um ihr Handgelenk. Das alles verwandelte sie in eine anbetungswürdige imposante Heilige. Ihr Kind hielt sie auf dem linken Arm. Die Finger der rechten Hand wie zur Segnung gespreizt, blickte dieses stoisch mit geneigtem Kopf herab – wie die Mutter. Der goldene Kopfschmuck, das Brokatkleid, das kunstvoll bestickte Kleinod um sein linkes Handgelenk ließen keinen Raum für Zweifel an der königlichen Herkunft. Das Skapulier – Zeichen ausgezeichneter Gläubiger, die vor mehr als achthundert Jahren die Verbrechen der christlichen Kreuzfahrer zum Anlass für einen asketischen Lebenswandel nahmen – versprach dem Träger Frieden, Gesundheit, Abwesenheit von Gefahr und den Tod ohne Angst.

Antonio betrachtete die nackte unscheinbare Figur, an der die Frauen inbrünstig arbeiteten. Warum waren Katholiken derart darauf bedacht, Bilder und Skulpturen zu berühren? Das war kindlich, einfältig. Als ob man zu Gott nicht ohne diesen Kitsch beten konnte. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. – Stand das nicht in der Bibel? Er lächelte in sich hinein. Jedes Jahr das gleiche Theater. Biedere Gläubige gerieten bei dem Anblick der sanften Madonna in Ekstase. Mit dieser ins Leere blickenden Heiligen, die aussah wie eine Königin, glaubten sie, Schutz vor der bedrohlichen Zukunft zu erlangen. Sie spenden Geld und sind in ihrer Nähe, wenn sie einmal im Jahr einen Spaziergang in die Öffentlichkeit unternimmt.

Alle bewundern die Schönheit und wähnen sich in Sicherheit. Absurd. Er brauchte das nicht. Er war mit seinen Büchern nachts vereint. Unbemerkt. Solange man ihm wenigstens diese Erholung gönnte, war er bereit, die Aufgaben als Chef der Bruderschaft ernst zu nehmen. Antonio sprach kurz mit den Frauen, die ihm ein Stück Gebäck anboten und ein Glas mit Wasser füllten. Sie berichteten von den Problemen der Vorbereitung und den Wächtern, die Neugierigen den Zutritt zur Sakristei verwehrten.

Sein Sohn, zehn Jahre alt, war zum ersten Mal für die erste Nacht eingeteilt worden. Er habe die Wache klaglos überstanden. Antonio registrierte dieses Lob mit Genugtuung. Sein Sohn Orest schien wenig begabt. Er war ein gefräßiger dicker Junge, der für nichts zu begeistern war. In den Sommermonaten bevorzugte er das kühle Wohnzimmer und starrte stundenlang in die Kanäle privater Fernsehstationen. Antonio seufzte.

Seine pubertierende Tochter Antonella, ebenfalls auf hilfsbedürftigem mentalen Niveau, brachte ihn auch zur Verzweiflung. Im Stillen hatte er die passende Erklärung für seine missratenen Kinder gefunden: Lisabetta. Die ausgebildete Grundschullehrerin, sie unterrichtete eine Dorfklasse in den Bergen, legte wenig Ehrgeiz bei der Erziehung seiner Kinder zu wissbegierigen Menschen an den Tag.

Beim Anblick der Fachbücher, die regelmäßig aus Reggio und Catania angeliefert wurden, zeigte sie entweder höfliches Interesse mit verhaltenem Gähnen oder offene Verärgerung bei dem Gedanken an ihr vermindertes Haushaltsgeld. Nach zwanzig Ehejahren hörte sie immerhin auf, über seine elitäre Ausbildung bei den Jesuiten in Sizilien zu lästern. Sie verstand, dass der Graben zwischen ihnen weiter vertieft würde. Ihre in den Jahren angehäuften Minderwertigkeitsgefühle versuchte er in zärtlichen Nächten zu mildern. Seine Liebesbeweise genoss sie schweigend. Insgeheim gestand er sich ein, dass ihr Leben im Clan nicht sonderlich erfreulich war. Ihre bescheidene Behausung, der griesgrämige Vater, ein Despot, und seine ewig giftig dreinblickende Mutter gaben kein soziales Umfeld her, das zu Lebensfreude anregte. Antonio wartete auf den Tod des Vaters. Dann, so hoffte er, nähme das Leben eine positive Wendung.

Auf dem Mahagonischreibtisch des Verblichenen würde er seine Bücher ausbreiten und Studien über semitische Siedlungen in Südkalabrien betreiben. Fragte man ihn, warum er sich hier engagiere, fiel ihm keine plausible Antwort ein. Vielleicht störte ihn einfach die Selbstverständlichkeit, mit der die katholische Kirche ihre dominante Stellung im Lande beanspruchte. Offiziell begründete er jedoch sein Interesse mit der Schönheit und der kulturellen Vielfalt der Stadt Jerusalem. Er stieg in den Fiat Cinque und fuhr zu der Stätte seines Broterwerbs, der Tankstelle. Roberto erwartete ihn.

»War was Besonderes?«, fragte Antonio den Jungen, der seit dem frühen Morgen die Stellung an der AgipTankstelle hielt. Der Angesprochene schüttelte den Kopf. Er sah müde aus. Roberto hatte zwei Jobs: Er half seinem Vater, Inhaber eines florierenden Fischladens, wenn Not am Mann war. Dann verhandelte er frühmorgens vor Sonnenaufgang mit den Fischern am dörflichen Hafen den Preis der Ware.

Ansonsten füllte er jeden Tag die Tanks der Lastund Personenwagen in Antonios Tankstelle auf. Die Holzbank im ehemaligen Wartehäuschen einer nicht mehr existenten Bushaltestelle verhalf zu schattigen Ruhepausen. Robertos angepflanzter Efeu breitete sich inzwischen wie ein Teppich über das offene Ka buff aus. Wenn kein Kunde zu bedienen war, saßen die beiden schweigend rauchend auf der Bank und betrachteten das Straßengeschehen. Von diesem Platz behielten sie auch einen Überblick darüber, wer die Durchgangsstraße verließ und in den schmalen Sandweg dahinter einbog.

Die Menschen dieser Siedlung gehörten zu Antonios und einem befreundeten Clan. Jeder im Paese kannte ihre Geschichte. Entweder waren sie, ins Alter gekommen, aus den Gefängnissen entlassen und genossen die wiedergewonnene Freiheit oder sie standen als schlummernde Mitglieder für Sondereinsätze zur Verfügung. Aktiv war zurzeit keiner von ihnen. Antonio hatte ein ganzes Waffenarsenal in seiner Garage im Sand vergraben. Nur er und ein paar Eingeweihte waren informiert. Auf den Ernstfall wartete eine Pistole, für das Auge Fremder unsichtbar unter der Bank deponiert. Roberto sah auf die Uhr.

»Mittagspause«, murmelte er und griff in seinen Lederbeutel, um Antonio die Geldscheine, die er inzwischen eingenommen hatte, zu überreichen. Der steckte das dicke Bündel Lira-Scheine, kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt waren, in seine Hosentasche, wünschte ein angenehmes Mittagsmahl – buon Pranzo – und ging wieder. Er sah zur Bar seines Cousins Ciccio hinüber und überlegte kurz, bei ihm einen Espresso zu trinken, verwarf den Gedanken aber wieder. Den Kaffee hob er sich für seine Abendschicht nach dem Mittagsschläfchen auf. Antonio streifte kurz die unscheinbare Eingangstür, rief einen Gruß ins Innere und setzte den Spaziergang fort.

Lisabetta hatte den Tisch auf der schattigen Terrasse hinter dem Haus gedeckt. Antonio bediente sich aus der prall gefüllten Salatschüssel, belud seinen Teller mit dem nach Basilikum duftenden Pastagericht, den Hackbällchen mit Minze und warf ihr einen anerkennenden Blick zu. Er betrachtete seine Kinder: Orest widmete sich schweigend dem Essen, Antonella stocherte gelangweilt auf ihrem mit Pasta gefüllten Teller herum. Sie hat ein Essproblem, überlegte er. Bei dem Gedanken, dass er ihren Gesichtern in der Ferienzeit die nächsten Wochen pausenlos ausgeliefert war, schauderte es ihn. Seine Frau warf ihm ein beruhigendes Lächeln zu.

»Und? Geht es voran?«, fragte sie. Sie kannten sich so lange, dass jeder sofort wusste, wovon die Rede war.

»Sie haben alles im Griff.«

»Ich habe Gebäck vorbereitet. Für die Träger.«

Antonio nickte. Die Männer, die die Madonna mitsamt den tonnenschweren Aufbauten am Tag der Prozession stundenlang bergauf, bergab schleppten, erwartete ein Büffet mit Snacks und Wein, vorbereitet von den Frauen der Gemeinde. Nach dem Mittagessen zog Antonio sich ins Schlafzimmer zurück.

Schläfrig wartete er eine Weile auf seine Frau. Sie klapperte in der Küche mit dem Geschirr. Dann herrschte Stille im Haus. Fast unhörbar öffnete Lisabetta die Tür. Er blinzelte sie fragend an und gab ihr ein Zeichen. Sie entkleidete sich lächelnd. Er warf Hemd und Hose auf den Boden und liebte sie. Wortlos. Leise stöhnend. Das Gesicht zwischen ihren Beinen. Sie riechen und liebkosen. Er fühlte sich besser. Später legte sie den Kopf an seine Schulter und streichelte ihn. Sie ist doch nicht so unglücklich, seufzte er erleichtert. Irgendwann würde sie ein komfortableres Heim bekommen: das leere Haus seines Vaters. Er küsste ihre Stirn.

»Ich bin müde«, murmelte er und schlief auf der Stelle ein. Draußen zirpten die Grillen. Ihr Konzert begleitete ihn in seine Träume. Er sah Jerusalem mit den vier sephardischen Synagogen und die schmalen Gassen der Altstadt, nach Altertum riechend, und die prachtvolle Al-Aqsa-Moschee. Nächstes Jahr in Jerusalem, grinste er im Traum. Lisabetta erzählte später, er habe im Schlaf gelacht.